Wie viel ICH verträgt das WIR
- silviaascher
- 29. Nov. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Dieser wunderbaren Frage durfte ich dieses Jahr während meiner Reisen begegnen und mich intensiv damit auseinandersetzen. Wenn man sich einen Traum wie den meinen erfüllt und für eine gewisse Zeit aus all den Verpflichtungen und Gewohnheiten aussteigt, weiß man meist sehr genau, was das ICH möchte. Ganz anders ist das mit dem WIR. Welche Auswirkungen so eine Zeit auf die Anderen hat ist meist nicht auf den ersten Blick klar. Da beginnt es dann im Laufe der Zeit spannend zu werden und ein Nachjustieren und ein Beantworten der Frage „Wie viel ICH verträgt das WIR“ tut Not. Im kleinen, privaten Bereich fällt das dann in aller Regel nicht schwer. Zu intensiv sind die Fäden, die wir geknüpft haben, zu stabil die Bande, die uns halten und jeder weiß, wo er steht und wie er fühlt. Da schrumpft das ICH sehr schnell auf genau das Maß zusammen, dass das WIR halten kann.
Ganz anders sieht es da mit dem unbekannten WIR aus. Ganz tief in uns ist uns klar, dass alles auf dieser Erde zusammenhängt. Uns ist klar, dass wir unser gutes, in der globalen Betrachtungsweise sehr privilegiertes Leben auf Kosten anderer führen, denen die Chance auf genau das gleiche Leben verwehrt bleibt. Reichen die Ressourcen dieser Welt schließlich nicht einmal für die „entwickelten Länder“ geschweige denn für die „Entwicklungsländer“. Bisher waren wir uns dessen oft nicht bewusst oder haben entsprechende Gedanken schnell beiseite geschoben. Klar irritieren uns die Bilder in den Nachrichten und natürlich schrecken uns die Horrorszenarien der Wissenschaftler:innen aus aller Welt auf. Aber führt uns das wirklich dazu, an unserem ICH etwas zu verändern? Machen wir uns tatsächlich bewusst, was das Leben unseres ICHs für Auswirkungen auf das WIR hat oder haben wir nicht vielmehr Angst, dieses wunderbare Leben in Zukunft nicht mehr führen zu können. Haben wir nicht vielmehr Angst, die Katastrophen bleiben keine Bilder im Fernsehen, sondern klopfen an unserer Tür?
Ich durfte am Freitagabend einen sehr intensiven Rio Abierto Workshop bei der wunderbaren Sonja Seppi aus Brixen erleben. Freies Bewegen, dem offenen Fluss folgen, übertreiben, um die in uns selbst geschaffenen Grenzen aufzubrechen. Warum erzähle ich euch das? Am Ende des miteinander Bewegens standen wir im Kreis und hielten uns an den Händen. Seite an Seite mit mir größtenteils völlig unbekannten Personen, mit denen ich im Laufe der vergangenen zweieinhalb Stunden jedoch eine Verbindung eingegangen bin. Und so schloss Sonja den Abend mit dem Gedanken die Yoga Matte (als Sinnbild für das Abgrenzen von mir zu dir. Mein Quadrat- meter ./. dein Quadratmeter. Steig bloß nicht auf meine Matte und komm mir nicht zu nah.) ist nicht länger ausreichend und wir müssen in dieser Welt etwas Neues wagen. Verkrustetes Denken aufbrechen und uns aufmachen. Uns aufmachen, um etwas in uns zu verändern. Kreise ziehen. Den Blick von unserem Quadratmeter (der Yogamatte, dem Handy, dem ICH) zu heben und zu weiten. Uns zu verbinden. All unsere Kraft, unser Denken und unser Fühlen der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen, um etwas zu bewegen. Wir gemeinsam. Ich glaube nicht, dass die Yogamatte an sich ausgedient hat. Ich glaube vielmehr, dass sie uns hilft in Verbindung zu kommen. Sie hilft uns, zu der besten Version unseres Selbst zu gelangen und gibt uns Kraft uns aufzumachen und Kreise zu ziehen! Große kraftvolle Kreise, in denen jede/r das einbringt was er oder sie geben kann – für das WIR!
Stell‘ dir öfter mal die Frage hinsichtlich deines Tuns und deines Lebens „Wie viel ICH verträgt das WIR und wo kann ich mithilfe von Anderen und vielleicht sogar völlig Fremden etwas bewirken“? Dann gehe los und ziehe deine Kreise!
Comentarios